Mit dem Münch-Motorrad zum „Festival of Jurby” – Isle of Man
Schon seit zwei Jahren beschäftigte ich mich mit der Idee, Ende August mit der Münch zum „Manx Grand Prix“ auf der Isle of Man zu fahren.
So buchte ich Anfang 2017 Fähren und Unterbringung. Mitte August war es vorbei mit der Träumerei und dem Pläne schmieden. Das Motorrad wurde von mir ordentlich gewartet und vorbereitet. Bei einer Probefahrt stellte ich erhebliche Stotterei im Teilbereich des Leerlaufes fest. Die Maschine bewegte sich nur widerwillig vorwärts. Also mal eben schnell die Vergaserdüsen raus und durchgeblasen. Elektronische Zündung (Sachse) im Prüfmodus gecheckt. Am anderen Tag philosophierte ich darüber mit Rolf Damen. Er meinte, der Schilderung nach, könnte es Spritmangel sein – aber immer schwierig am Telefon per Ferndiagnose… Mit meinen 62 Lenzen fühlte ich mich alt, undynamisch und total erfolglos. Mein Kumpel meinte lässig, ich könnte ja auch noch die Guzzi nehmen. Mit harten Worten klärte ich ihn auf, dass mein Ziel mit Münch und nicht ohne Münch heißt. Ich suchte weiter. Kraftstoffpumpe fördert, Schwimmerkammern voll. Sie stotterte weiter vor sich hin. Es ist zu erwähnen, dass bei langsamer Fahrweise auch (Gasgriff etwas gedreht) noch in den höheren Gängen das Benzingemisch aus Teilbereichen des Leerlaufsystems und von der Beschleunigerpumpe kommt. Rolf hatte Spritmangel angesprochen. Also gab ich kurz stoßartig Halbgas ( Beschleunigerpumpe) und sie lief kurz etwas besser. Der zweite Tag mit Suchen und Schrauben ging zu Neige. Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Alles war gebucht, bezahlt und jetzt dieses Problem. Das Leerlaufsystem ging mir durch den Kopf. Zum zweiten Mal öffnete ich die kleinen, runden Schwimmerkammerdeckel und holte Haupt- und Leerlaufdüsenstöcke heraus. Alles wurde nochmals peinlichst zerlegt, gereinigt und ausgeblasen. Ich schaute mir die Leerlaufdüse an und entdeckte mit einer Top-Taschenlampe an der Unterseite eine Art Ablagerung. Mit einer kleinen Stecknadel stocherte ich darin herum, immer weiter, bis dann etwas zu Tage kam, das wie eine Öffnung aussah. Meine Stimmung schlug schlagartig um in Euphorie. Sorgfältig legte ich die Öffnung frei und reinigte sie. Es war eine kleine Leerlaufdüsenöffnung. Die anderen drei waren ebenso „wie zugewachsen“ und wurden gereinigt. Es war solange her und die unteren Öffnungen hatte ich einfach vergessen. Die anschließende Probefahrt verlief zufriedenstellend.
Den Freitag nutzte ich mit diversen Reisevorbereitungen, wie Notwerkzeug in einen Sack packen. Da mein Freund mich so „nett“ auf meine Moto Guzzi aufmerksam gemacht hatte, packte ich noch einiges mehr in den Sack ein. Ich musste ihn schwer anheben und befestigte ihn auf der Rücksitzbank seiner neuen BMW-GS. Unser Deal lautete: „Ich bereite alles für die IOM vor und Deine fette Berta hat die große Ehre ein Service-Fahrzeug für eine Münch zu sein“. Ich selber reiste nur mit leichtem Gepäck.
„Münch first“…
Samstagvormittag starteten wir gemütlich vom Raum Hanau über Autobahn bis Rheinböllen, Hundsrückhöhenstrasse E42, Eifel- und Ardennen-Autobahn, Liege bis kurz vor Brüssel. Erste Übernachtung im Hotel.
Kumpel Pit
Sonntag bei schönem Wetter Weiterfahrt bis Zeebrugge (575km) und Einschiffung auf die Fähre nach GB Kingston upon Hull.
Zeebrugge Hafen, Fährschiff „Pride of York“
Auf der Nachtfähre gute Erholung bei einem reichhaltigen Buffet und gutem Bier
Morgens: Ankunft in Hull und Weiterfahrt über Autobahn bis Liverpool (215km).
Übernachtung im “Crowne Plaza“, Liverpool
Ein gutes Hotel mit Blick auf das Fährschiff „Manannan“ und dessen Anlegestelle. Nachmittags schlenderten wir durch die „Albert Docks“. Alles ist hier neu restauriert und schön gestaltet (Industriekultur). Ich erinnere mich an das Ende der siebziger Jahre. Liverpool hatte schwer unter der englischen Wirtschaftskrise zu leiden. Auf dem Platz vor dem jetzigen Luxushotel stand eine verfallene Halle. Wir Motorradfahrer warteten „Stand by“ und bekamen vor der Schiffsreise nach Douglas „Tank pumped out“ bis auf einen kleinen Rest Benzin.
Keine Minute der damaligen Zeit möchte ich missen…
Am anderen Morgen Einschiffung und nach ca. 3,5 Std durch die irische See erreichten wir die Hauptstadt der Isle of Man, Douglas.
Nochmal 15 km und wir waren in Peel an der Seapromenade, wo wir unsere Unterbringung gebucht hatten.
Die Reise zum “Manx Grand Prix“ 2017 mit der Münch buchte ich in einem großzügigen Zeitfenster über zweieinhalb Wochen. „Entschleunigung“ und Erholung standen bei mir an erster Stelle.
Pit (rechts) und ich frühstückten jeden Morgen unter freiem Himmel
Das eigentliche Ziel auf der Insel war für uns das „Festival of Jurby“ am folgenden Sonntag. Monate vorher trat ich in den englischen Motorradclub VMCC (Vintage Motor Cycle Club) ein. Es ist Bedingung, um ein Ticket für das Rennen auf dem Flugfeld zu bekommen. Bis zum großen Sonntag besuchten wir einige Trainingsläufe auf der TT-Strecke oder fuhren mit der Dampfbahn nach Port Erin. Dort auf der Insel gibt es viele Möglichkeiten, einen schönen Tag zu verbringen.
Das “Festival of Jurby“ ist eine große Tagesveranstaltung für Motorradliebhaber auf einem ehemaligen Flugplatz.
Besagter Sonntag war nun da. Morgens fuhren wir zwei mit den Maschinen nach Jurby. Kühler Fahrtwind und teilweise der Blick auf die See vermittelten mir, einfach gesagt, ein glückliches aber auch aufregendes Gefühl. Angekommen, hieß man uns im Fahrerlager „Welcome“. Nach dem Einchecken begannen für Münch und Fahrer die Rennen.
Sofort nach dem Start begriff ich, dass das Ganze hier keine Spazierfahrt wird. Die Girls and Boys gaben Gas, was das Zeug hält. Beschleunigen ging bei mir einigermaßen, Probleme beim Abbremsen kennen ja viele von Euch. Meine eigene Beurteilung: Der „Münchfahrer“ gab sich viel Mühe. Und so fuhren wir die Schlacht unseres Lebens gegen BSA, Norton, Triumph, Vincent und sonstige Rösser. Doch einige hatten nicht mit meiner Ausdauer gerechnet. Zäh hielt ich mich im Mittelfeld. Es war härteste Arbeit für mich und
meine Maschine, wir beide „dampften“ mächtig.
Nach dem Rennen bedankte sich ein Sprecher für die tolle Teilnahme mit der Bitte, man möge doch auch das Mittags- und Nachmittagsrennen fahren. Die Veranstaltung ginge ja bis 18:00 Uhr. Ich war von einem Rennen ausgegangen. Oh Schreck! Kurz gesagt: Münch und ich absolvierten auch noch die anderen beiden Rennen. Ohne Fleiß kein Preis!
Eine Bekannte berichtete mir später, der Sprecher hätte über ein paar technische Daten informiert und u.a. auch darüber, dass der Fahrer mit seiner Münch-Mammut auf eigener Achse aus Deutschland angereist sei. Das hatte den Zuschauern prächtig gefallen.
Am Vormittag kam Albert Stehle mit seiner Münch 2000 für einen kurzen Besuch ins Fahrerlager. Da haben die Besucher gestaunt: Eine alte und eine neue Münch in England zusammen in Jurby.
Somit war mein großer Wunsch, am Rennen vom „Festival von Jurby“ mit der Münch erfolgreich teilzunehmen, in Erfüllung gegangen. Die zweite Woche genossen mein Freund und ich als Zuschauer beim „Manx Grand Prix“ auf dem berühmten „TT-Course „beim Moped fahren“ auf der Insel oder an und in der See…
Christoph (Wikinger…) into the Irish Sea…
In der dritten Woche traten wir Dienstag früh die Heimreise an, von Douglas nach Liverpool und mit den Motorrädern nach Hull. Die Nachtfähre startete abends 18:00 Uhr nach Zeebrugge. Von dort fuhren wir eine Tagesreise – bis Mittwochabend – nach Hause. Wir waren glücklich, gesund und unfallfrei daheim angekommen zu sein. Motor, Getriebe und Fahrwerk der Münch liefen wie ein Schweizer Uhrwerk. (Bei der „GS“ natürlich keine Frage…) Lediglich die Kupplung plagte mich durch eine gewisse Schwergängigkeit. Nehme ich auf meine Kappe. Teile zur Reparatur habe ich in meiner Werkstatt liegen. Aber die Zeit…, einige werden das verstehen.
Es grüßt Euch
Christoph Sturaro (Theo)